Die Stadt Leichlingen stellt einen neuen Flächennutzungsplan auf.
Hiernach ist derzeit geplant, einen ca. 5 ha großen Bereich im
Süden Witzheldens zu bebauen.



Folgende Gründe stehen einer Bebauung m. E. entgegen:

- Die Ausweisung steht im Widerspruch zum Gebietsentwicklungsplan (GEP):
Der Bereich ist ausgewiesen als "Allgemeiner Freiraum- und
Agrarbereich",verbunden mit der besonders ausgewiesenen Freiraumfunktion:
"Schutz der Landschaft und landschaftsorientierte Erholung"! (BSLE)

- Die Ausweisung steht im Widerspruch zum zukünftigen Landschaftsplan:
Das Gebiet ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen!

- Es besteht kein Flächenbedarf in der angegebenen Größe:
Der Ansatz Einwohner/ Fläche ist fraglich

- Die angestrebte Einwohnerzuwanderungszahl ist fraglich:
Das angestrebte Bevölkerungswachstum entspricht nicht den demographischen Prognosen.

- Die Erschließung ist nicht gesichert und zu kostenaufwendig
Das hangige Gelände ist nur durch Pumpeneinsatz zu entwässern.

- Zusätzliche wesentliche Verschlechterung der derzeit bereits kritischen
Verkehrs- und Infrastrukturellen Situation Witzheldens!

- Negative Auswirkungen auf das denkmalgeschützte Ortsbild!
Verlust des dörflichen Charakters

Desweiteren stehen einer Ausweisung m.E. einige Grundsätze der Raumordnung
(ROG) entgegen, z.B.:
- Der Wiedernutzung brachgefallener Siedlungsflächen ist der Vorrang vor der
Inanspruchnahme von Freiflächen zu geben.
- Die großräumige und übergreifende Freiraumstruktur ist zu erhalten...
- Grünbereiche sind als Elemente eines Freiraumverbundes zu sichern...
- Die ökologischen Funktionen der ländlichen Räume sind auch für Ihre
Bedeutung für den Gesamtraum zu erhalten...

Jede Siedlungsentwicklung muß unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit betrachtet
werden. Sie kann nur dann als nachhaltig betrachtet werden, wenn sie sich auf
die Städte und Dörfer in den Grenzen von heute konzentriert.
Landschaftsräume dürfen nicht zersiedelt werden und zwischen Siedlungen und
unbebauter Landschaft müssen klare Grenzen eingehalten werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Rede von Frau Bärbel Höhn (Ministerin
für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein-Westfalen) verweisen. Auf der Agendakonferenz "Siedlungs- und
Naturräume" im Rahmen der Landesagenda 21 NRW (4/5.3.2002) fordert sie:
* "Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung heute darf die
ökologische Lebenssituation künftiger Generationen nicht gefährden.
* Ökonomische und soziale Entwicklungen müssen heute unter den Vorbehalt
ihrer ökologischen Tragfähigkeit gestellt werden...."
Sie stellt weiterhin fest:
"...Es gibt noch ein Problem für die ländlichen Räume, das wir nicht
vernachlässigen dürfen. Das ist der zunehmende Flächenverbrauch für
Straßen- und Wohnungsbau sowie für Gewerbeflächen. Keinesfalls sollte
einer Zersiedelung der Landschaft Vorschub geleistet werden. Deshalb
ist es wichtig, z.B. bestehende Bausubstanz zu nutzen und ggf. einer
neuen Verwendung zuzuführen..."
Die "städtische Innenentwicklung" soll gestärkt und "Flächenressourcen"
geschützt werden.

Genau dieses sind auch die Vorgaben des LEPro und des LEP NRW.
Die "Inanspruchnahme von Freiraum" soll eingegrenzt werden und eine "weitere
Siedlungsentwicklung vorrangig dahingehend geplant werden, daß Potentiale der
Stadtinnenentwicklung ausgeschöpft werden" Bevor andere Flächen in Anspruch
genommen werden, ist die Arrondierung vorhandener Wohnstandorte zu nutzen.
"Die notwendige Darstellung von Flächen für Siedlungszwecke darf nur unter
Beachtung der im LEP NRW dargestellten besonderen Freiraumfunktionen erfolgen."
Neuausweisungen dürfen nur unter Beachtung der Ziele der Freiraumsicherung
erfolgen, deshalb sind vorrangig solche Wohnbauflächen in Betracht zu ziehen,
die Umwelt, Freiraum und Ressourcen am wenigsten belasten.

Dieses wäre jedoch bei einer Bebauung von "Witzhelden "Süd" eindeutig nicht der Fall.

Der GEP als Instrumentarium der Regionalplanung weist den Bereich "Witzhelden
Süd" als schützenswürdige Landschaft aus, zur besonderen, landschaftsorientierten Erholung.
Gleiche Planungsbindungen erwachsen aus dem derzeit in Aufstellung befindlichen
Landschaftsplan Nr.1 "Untere Wupper", hierin ist das Gebiet als Landschafts-
schutzgebiet ausgewiesen.
Zudem befindet sich der Bereich "Witzhelden Süd" in der Planungskategorie
"Naturpark Bergisch Land", der ein regionaler und überregionaler Erholungswert
zukommt. Der "Freiraum ist zugleich als obligater Komplementärraum zum
Siedlungsraum zu sehen."

Eine Ausweisung als ASB hätte eine Zielgefährdung für den Bereich der Landes-
entwicklung und der regionsspezifischen Freiraumzielsysteme zur Folge!

Einer Entlassung aus der Schutzfunktion des Landesräumlichen Freiraumschutzes
steht u. a. entgegen, daß es sich bei der avisierten Fläche um einen
landschaftlich und ökologisch sensiblen Bereich handelt, es ist Bacheinzugs- und
Bachsammelgebiet. Eine Versiegelung und Umgestaltung der Flächen könnte ein
Versiegen des Baches und eine Verringerung der Grundwasserneubildung zur Folge haben.

Außerdem könnte durch eine Bebauung in Randbereichen der Luftaustauschprozess
behindert werden.

Bei den Flächen handelt es sich teils um extensiv genutzte regional typische
weideviehgeprägte Kulturlandschaft, deren "landwirtschaftliche Nutzungsfähigkeit"
erhalten bleiben muß.
Da der "Erhalt einer intakten, auch an den ökologischen Erfordernissen und am
kulturellen Erbe orientierten Landwirtschaft in den ländlichen Räumen
unverzichtbar" ist, sollte auch unter dem besonderen Aspekt des Sicherns von
Ressourcen einer Landwirtschaftszweckentfremdung hier nicht zugestimmt werden.

Das Ortstypische Landschaftsbild und das "unverzichtbare Naturpotential" muß
erhalten bleiben.
Eine Bebauung würde eine erhebliche Erweiterung des Ortskerns bedeuten und ist
m. E. auch unter städtebaulichen und denkmalpflegerischen Aspekten nicht vertretbar,
- sie steht konträr zur Denkmalschutzsatzung des ensemblegeschützten Ortskerns.

Betrachtet man das lt. Vorbemerkungen und Erläuterungen auf "seitens der
Landesplanung auf ca. 1700 Einwohner begrenzte Bevölkerungswachstum" und stellt
diesem einen lt. Text "Bedarf von neu darzustellender Wohnbaufläche von ca. 70 ha"
sowie angeblichen Bedarf an gewerblichen Bauflächen von ca. 30 ha gegenüber,
ergibt sich eine Siedlungsdichte von ca. 24,3 Einwohnern/ ha, unter Einbeziehung
der gewerblichen Bauflächen sogar von nur 17 Einwohnern/ ha.

Der derzeitige Vorentwurf weist etwa 50 ha neue Wohnbaufläche aus, unterteilt in
35,3 ha neue Wohnbauflächen und 14,7 ha Arrondierungen.
Demzufolge würde dies einem Bevölkerungszuwachs von ca. 1214 Einwohnern
entsprechen, aufgeteilt in 857 Einwohner in Neubaugebieten und 357 Einwohner in
Arrondierungsbereichen.

Incl. der Fläche für Gewerbe, bezogen auf alle Neuausweisungen, würde dieses
eine Siedlungsdichte von 15,2 Einwohner/ ha bedeuten .

Diese Relationen erscheinen mir aus mehreren Gesichtspunkten jedoch als
wesentlich zu niedrig angesetzt.

Die Fläche der Stadt Leichlingen beträgt 3733 ha, am 31.12.2000 betrug hiervon
die Siedlungsfläche 25,4% bei einer Einwohnerzahl von 26796 Personen. Hieraus
ergibt sich eine Dichte von ca. 28,3 Einwohnern/ ha Siedlungsfläche. [Zum
Vergleich Regierungsbezirk Köln: 24,5 Einwohner/ ha, Siedlungsfläche 23,7%]

Allein durch Zugrundelegen der für Leichlingen relevanten Werte verringert sich
der Flächenbedarf um 7 ha auf ca. 43 ha, bezieht man die gewerbliche Fläche noch
in dieses Verhältnis mit ein, wären sogar nur 13 ha neue Wohnbauflächen
erforderlich!

Zu einem ähnlich geringen Bedarf gelangt man, wenn man nicht die Siedlungs-
dichte, in der neben der eigentlichen Wohnbebauung auch Gewerbeflächen,
Verkehrsflächen und infrastrukturelle Einrichtungen enthalten sind, sondern die
tatsächlich zu erwartende Bebauungsdichte betrachtet.
Aussagen hierüber können jedoch erst in einem Bebauungsplan getroffen werden.
Nach derzeitigem Stand ist wahrscheinlich, daß dieser nicht durch die Stadt
Leichlingen, sondern durch einen Investor aufgestellt werden wird.

Die Erweiterung Witzheldens durch "Witzhelden Süd" soll etwa 5 ha, also 50 000 m²
betragen. Vermindert man diese Fläche um einen Verkehrs- und Erschließungs-
flächenanteil von z.B. 25% verbleibt eine Netto-Baulandfläche von 37 500 m².
Legt man nun eine investorenfreundliche, profitable, rentable und auch
bezahlbare Ausnutzung zugrunde, könnte nach vorsichtiger Schätzung z.B. bei
leicht verdichteter Bauweise eine Bevölkerungszahl von 525 Personen erreicht
werden. (Angenommene Grundstücksgröße: 250 m² = 150 Einfamilienhäuser à 3,5
Personen).

Für einen Bevölkerungszuwachs von 857 Personen in neuen Wohngebieten wären also
in Leichlingen insgesamt nur ca. 8,2 ha neue Wohnbaufläche erforderlich, und
nicht 35,3 ha!
Bei Geschoßwohnungsbau oder höherer Verdichtung können noch wesentlich höhere
Einwohnerdichtewerte erreicht werden. Diese können wiederum gegen eine
stellenweise großzügigere Bebauung aufgerechnet werden, - die Korrelation würde
insgesamt konstant bleiben.

Unter vorgenannten Aspekten erscheint mir der seitens der Stadt Leichlingen
aufgestellte Flächenbedarf insgesamt als zu hoch und sollte dringend geprüft
werden!

Außerdem möchte ich die Frage aufwerfen, ob, selbst für diesen reduzierten
Flächenbedarf, demographisch überhaupt eine Notwendigkeit besteht.

Die Bevölkerungsdichte im Rheinisch-Bergischen Kreis liegt mit 630 Einwohnern je
km² Gesamtfläche bereits an dritter Stelle im Land Nordrhein-Westfalen und schon
an 10. Stelle im Bundesgebiet. Die Bevölkerungszahl Leichlingens liegt jedoch
mit 718 Einwohnern je km² (Stand 31.12.2000) und 722 Einwohnern je km² (Stand
30.06.2002) noch erheblich über diesem Durchschnitt, die Siedlungsdichte ist
ebenfalls höher!
Die langfristige Bevölkerungsentwicklung ist stark rückläufig. Dramatisch ist
ein besonders starker Rückgang der Bevölkerungszahl in der Gruppe der 19-40
Jährigen, die das 'Potential der Bauwilligen' darstellen.
Ein Ausgleich durch Wanderung ist fraglich und nicht prognostizierbar.
Langfristig wird sich diese Pyramide noch weiter wesentlich verschlechtern.
Die bisherige Abweichung gegenüber der Prognose beträgt nur 0,1%.

Für den gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis wird für den Zeitraum von 1998 bis
2015 ein Zuwachs von ca. 6500 Einwohnern erwartet. Statistisch gesehen entfallen
hiervon auf Leichlingen nur ca. 10% !
Daher ist die auf 1700 Einwohner begrenzte Zuwanderungszahl wesentlich zu hoch
gegriffen. Dieses bedeutet wiederum wesentlich weniger
Siedlungsflächenerfordernis, selbst bei steigendem Wohnflächenverbrauch.

Ein wesentliches Problem ist Parkraummangel. Durch Ansiedlung von Bevölkerung in
Randbezirken würde dieses Problem nur noch zusätzlich verstärkt.
Kaufkraft wird nicht durch Zuzug von Bevölkerung sondern durch ein attraktives
Umfeld geschaffen und gebunden! Bereits jetzt stehen im Leichlinger Zentrum
viele Wohnungen leer!
Der Suburbanisierungsprozess der großen Städte wird hier im Kleinen fortgeführt.

Für Witzhelden könnte eine weitere Bevölkerungszunahme über die sowieso schon
geplanten Bebauungen im Innenbereich und die Arrondierungen hinaus das völlige
Erliegen des Verkehrs zur Folge haben, da eine Ausweisung von "Witzhelden Süd"
möglicherweise ein zusätzliches Aufkommen von über 350 KFZ bedeuten würde.

Mit einer Entlastung der kritischen Verkehrssituation durch eine durch das
Baugebiet geführte Verbindungsstraße zwischen der L 294 und der L 359 kann
nicht gerechnet werden, da hier kein nennenswerter Verkehrsfluß erfolgt.
Eher würde sich die Situation durch die zusätzliche Verkehrsbelastung am
Marktplatz Richtung Solinger Straße noch wesentlich verschlechtern.

Insofern möchte ich die Frage aufwerfen, ob nicht zuerst ein Verkehrskonzept und
ein Gutachten über Art und Zahl der zu erwartenden Verkehrsbewegungen aus der
geplanten Siedlungserweiterung erstellt werden sollte.

Eine Baugebietszufahrt kann nur südlich der Feuerwehr und südlich der
Katholischen Kirche erfolgen, diese das Siedlungsgebiet zusätzlich vergrößernde
Fläche ist jedoch im Entwurf des FNP nicht enthalten.

Ich gebe zu Bedenken, daß die Erschließung generell als 'nicht gesichert'
angesehen werden kann.
Bedingt durch die hangige Topographie entstehen unverhältnismäßig hohe Kosten
und eine Erschließungsstraße ist nur durch sehr hohen Mitteleinsatz der Stadt zu
erstellen.

Das gleiche gilt für die Schmutzwasserableitung: durch die Hanglage ist es
erforderlich zu pumpen.
Eine Anbindung an den Kanal Burscheider Straße/ Felder Weg/ Fritz Hinrichs Weg
ist äußerst kritisch zu betrachten, da hier bereits seit langem große Probleme
und Geruchsbelästigungen bestehen, die bisher noch nicht gelöst werden konnten.

Daher müßte die Entwässerung des gesamten Baugebietes komplett direkt in den
Kanal der Leichlinger Straße gepumpt werden, was mit erheblichem Kostenaufwand
verbunden wäre.
Bedingt durch mehrere Grundbesitzer scheint nur eine komplette Erschließung
seitens der Stadt mittels Umlegung und Vorfinanzierung möglich.

Aus diesen Gründen ist ebenfalls zu überdenken, ob die Fläche "Witzhelden Süd"
für eine Bebauung geeignet ist.

Wesentlich kostengünstigere, nachhaltigere sowie ökonomisch und ökologisch
sinnvollerere Bebauungsmöglichkeiten bieten sich hingegen durch ressourcen-
sparende Arrondierungen, Verdichtung, konsequente Innenentwicklung, Aktivierung
vorhandener Bauflächen und mindergenutzter Grundstücke, Nutzung des vorhandenen
Potentials und der Reserven des alten FNP.

Um hier alle Möglichkeiten auszuschöpfen möchte ich die Aufstellung eines
Baulückenkatasters als verbreitetes Instrument zur Verminderung des
Freiflächenverbrauchs anregen.

Falls danach noch neue Siedlungsgebiete erforderlich sein sollten, sind diese
seitens der Landes- und Regionalplanung prioritär in der Regel nicht weiter als
1.500 Meter von einem Haltepunkt des schienengebundenen Verkehrs (hierfür sind
auch besondere Wohnungsbauförderungsmittel zur Verfügung gestellt worden) zu
planen.

Diese Forderung kann bei einer Bebauung von "Witzhelden-Süd" nicht erfüllt
werden, da Witzhelden gar keine direkte Anbindung an das schienengebundene Netz
besitzt.

Eine touristische Entwicklung Witzheldens wäre durch "Witzhelden Süd" für alle
Zeiten 'verbaut', da die Qualität und Struktur Witzheldens gerade die
historische Dimension, dörfliche Siedlungsausprägung und charakteristische Lage
ist.




Daher sollte bedacht werden, ob unter allen vorgenannten Aspekten eine tatsächliche
und nachweisliche Notwendigkeit der Ausweisung eines Wohngebietes "Witzhelden
Süd" besteht, was einen Übergriff auf ein bestehendes Landschaftsschutzgebiet
bedeuten würde, und, begründet u. A. durch die besondere Wertigkeit des
Gebietes, eventuell ein theoretisch mögliches GEP-Änderungsverfahren auslösen
könnte.







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